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Das Gedächtnis des Herzensvon Jan-Philipp Sendker Buchtipp des Monats Januar 2021 Der zwölfjährige Ko Bo Bo lebt bei seinem Onkel U Ba in Kalaw, einem Ort in Burma. Er ist ein Kind mit einer ungewöhnlichen Gabe: Bo Bo kann die Gefühle der Menschen in ihren Augen lesen. Sein Vater kommt ihn einmal im Jahr besuchen, an seine Mutter kann er sich kaum erinnern. Dann erzählt ihm U Ba von einer großen Liebe, die im Wirbel politischer Ereignisse zu zerbrechen droht, von der Tapferkeit des Herzens und einer geheimnisvollen Krankheit seiner Mutter. Bo Bo beschließt sich auf die Suche nach seinen Eltern zu machen. Er ist überzeugt, dass er seine Mutter heilen kann. Jan-Philipp Sendker gelingt es, in seinem Roman bereits nach wenigen Seiten den Leser in den Bann von Bo Bo zu ziehen. Man taucht unmittelbar ein in die Welt des verträumten, feinfühligen Jungen. Er ist eine jener Figuren, die man mögen muss, weil er das Herz am rechten Fleck hat und mit sich und der eigenen Geschichte zu kämpfen hat.  «Das Gedächtnis des Herzens» wird von einer Stimmung getragen, die zugleich fremd, exotisch und doch ebenso vertraut und bewegend ist.  Mit Gefühl und doch ohne Kitsch erzählt Sendker die Geschichte eines Jungen, der sich nach seiner Familie sehnt, und zugleich die Geschichte einer Familie, die im Schatten der eigenen Vergangenheit erst zu gedeihen lernen muss. «Wer wirklich liebt, hat keine Angst, wer Angst hat, kann nicht lieben. Nur Klammern.» Obwohl dieses Buch der dritte Teil einer Serie ist, lässt es sich problemlos eigenständig lesen. Die ersten beiden Titel sind: «Das Herzenhören» und «Herzenstimmen» Das Gutshaus – Glanzvolle Zeitenvon Anne Jacobs Buchtipp des Monats März 2021 Franziska, ehemals Baroness von Dranitz, kann es kaum fassen: Nach langen Jahren, in denen sie durch den zweiten Weltkrieg und die Mauer nicht in ihre Heimat und auf Gut Dranitz zurückkehren konnte, ist nun der Weg nach dem Mauerfall frei. Mit Herzklopfen macht sie sich mit 70 Jahren auf den Weg. Voller Hoffnung, überhaupt noch Überreste des Gutshauses zu finden. Zu viel wurde während und nach dem Krieg zerstört. Doch da ist es! Das Gutshaus steht noch. Es erscheint ihr kleiner, grauer als in ihrer Kindheit. Auch wurde es augenscheinlich in den letzten Jahren kaum gepflegt. Aber nun ist Franziska wieder zurück, zu Hause. Zurück kommen auch die vielen Erinnerungen an die glücklichen Zeiten mit all den Gutshausbewohnern. Ebenso die Erinnerungen an die vielen leidvollen Tage des Krieges, der ihr nicht nur die Familie und ihr zu Hause, sondern auch den Verlobten genommen hat.  In den Erinnerungen Franziskas und anderen Protagonisten schildert das Buch wie es war, als Adlige während des Krieges alles zu verlieren, indem sie enteignet wurden. Wer dabei mit dem Leben davon kam, hatte Glück. Doch auch die Dorfbewohner mussten zusehen, wie sie mit den Wirren des Krieges und dem nachfolgenden Regime klarkamen. All das hinterliess ihre Spuren. Es lässt die Dorfbewohner argwöhnisch bleiben gegenüber dem Vorhaben Franziskas, das Gutshaus zurückzubekommen und zu restaurieren. Dabei stösst Franziska auf Ungereimtheiten, die Fragen nach sich ziehen wie: Kann es sein, dass ihr Verlobter noch lebt? Und was für eine Rolle spielte ihre Schwester Elfriede dabei? Ihre Enkelin Jenny ist genauso ein Sturkopf wie Franziska. Aus eigenen Nöten heraus zieht sie zu Franziska und unterstützt sie nicht nur in der Sache mit dem Gutshaus, sondern begibt sich mit ihrer Grossmutter auf Spurensuche. Das Buch «Das Gutshaus» von Anne Jacobs kann nicht nur in der Bibliothek Ruswil ausgeliehen werden. Neu ist es allen BibliotheksnutzerInnen der Bibliothek Ruswil auch möglich, das Buch als eBook oder Hörbuch bei der Onlinebibliothek DiBiZentral auszuleihen. Bei Fragen dazu hilft das Bibliotheksteam gerne weiter. Vor uns das Meervon Alan Gratz Buchtipp des Monats Februar 2021 Autor Alan Gratz schildert packend die Flucht von drei Jugendlichen und deren Familien aus ihrer Heimat. Jede dieser drei Fluchtgeschichten findet zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort statt: Josef, ein Jude, flieht 1939 aus Deutschland und schifft sich auf die MS St. Louis, ein Passagierschiff, ein, um in Kuba Aufnahme zu finden. Isabel verlässt 1994 vom Hunger getrieben Kuba auf einem selbstgebauten Boot, um über das Meer nach Florida zu gelangen. Mahmoud flieht 2015 wegen des Bürgerkriegs aus Syrien und hofft, in Europa Fuss zu fassen. Wie die drei Leben eines jeden Menschen auf der Flucht, erzählt werden, wie sorgsam und überzeugend Nöte und Gefahren geschildert werden, geht unter die Haut: Erstens die Flucht vor den Grausamkeiten und der Gewalt; zweitens die Suche nach einem Zufluchtsort, nach Essen, Wasser und Wärme; dann ein Neubeginn in einem fremden Land. In den Lebensgeschichten spielen Familienzusammenhalt, Willenskraft, Hoffnung und Liebe eine zentrale Rolle. Es ist ein zu bestehender Überlebenskampf, immer mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Das Buch zählt zur Jugendliteratur, ist aber auch für Erwachsene lesenswert. Ein Sonntag mit Elenavon Fabio Geda Buchtipp des Monats April 2021 Es ist Sonntag in Turin und in der Küche des ehemaligen Ingenieurs ist Chaos ausgebrochen, denn er hat sich vorgenommen, für die Familie seiner ältesten Tochter zu kochen. Er kocht nach den Rezepten seiner verstorbenen Frau. Leider ist eine Enkelin vom Baum gefallen und sie teilen telefonisch mit, dass sie nicht kommen können. Frustriert und besorgt hält er es nicht mehr in der Wohnung aus und er geht spazieren. Im Park trifft er auf Elena und ihren Sohn Gaston. Sie unterhalten sich und tauschen sich aus und da fällt ihm das Essen ein und lädt die beiden zum Mittagessen ein. Die Geschichte wird von der jüngsten Tochter Giulia erzählt. Ihr Vater ging in seinem Beruf auf und zu Hause hatte er seine wunderbare Frau und die Mutter seiner drei Kinder. Aber der einstige Brückenbauer war nicht in der Lage, die Brücken zu seinen Kindern aufrecht zu erhalten. Nun ist er einsam und nach dem Unfalltod von seiner Frau, der gemeinsamen Zeit beraubt. Es ist die Geschichte einer Familie, die sich mit der Zeit entfremdet hat und doch zeigt sie, wie wichtig Kindheitserinnerungen sind, wie wichtig der Platz zu Hause ist und welcher Inbegriff Familie hat. Es ist die Besonderheit von Begegnungen mit Fremden, die eine andere Sicht der Dinge haben können, weil sie nicht mit der Familie verwurzelt sind und somit einen neuen Einblick bieten. Ein Sonntag mit Elena, ist nicht nur ein Mittagessen, sondern beinhaltet ein ganzes Leben, voll Glück, Zuversicht und den Mut für Neuanfänge. KINGSBRIDGE - Der Morgen einer neuen Zeit von Ken Follett Buchtipp des Monats Mai 2021 England im Jahr 997. Im Morgengrauen wartet der junge Bootsbauer Edgar auf seine Geliebte. Deshalb ist er der Erste, der die Gefahr am Horizont entdeckt: Drachenboote. Jeder weiß, die Wikinger bringen Tod und Verderben über Land und Leute. Edgar versucht alles, um die Bürger von Combe zu warnen. Doch er kommt zu spät. Die Stadt wird beinahe völlig zerstört. Viele Menschen sterben, auch Edgars Familie bleibt nicht verschont. Die Werft der Bootsbauer brennt nieder. Edgar bleibt nur ein Ausweg, einen verlassener Bauernhof in einem Weiler fern der Küste. Während Edgar ums Überleben kämpft, streiten andere um Reichtum und Macht in England. Unter ihnen, der gleichermaßen ehrgeizige wie skrupellose Bischof Wynstan, der idealistische Mönch Aldred und Ragna, die Tochter eines normannischen Grafen ... Edgar, Ragna, Wynstan, Aldred - ihre Schicksale sind untrennbar miteinander und mit ihrer Zeit verbunden. Ihr Land, das England der Angelsachsen, ist eine Gesellschaft voller Gewalt. Eine Gesellschaft, in der selbst der König es schwer hat, Recht und Gerechtigkeit durchzusetzen. Gemeinsam mit Edgar, Ragna, Wynstan und Aldred erlebt der Leser den Übergang von dunklen Zeiten ins englische Mittelalter - und den Aufstieg eines unbedeutenden Weilers zum Ort Kingsbridge.  In gewohnter Manier versteht es Ken Follett, seine Leser mit in die Geschichte zu nehmen und zu fesseln. Das Buch hat gut eintausend Seiten, doch es fällt schwer, es aus der Hand zu legen. Alte Sorten  von Ewald Arenz Buchtipp des Monats Juni 2021 Kennen Sie «Herzogin Elsa», «Madame Verté», »Alexander Lucas», «Margarete Marillat»? Birnensorten! Wann haben Sie das letzte Mal eine Birne bewusst genussvoll gegessen, nicht einfach nur nebenbei? Lissi musste früher alle Namen einmal auswendig lernen. Sally klaubte ein Birnenstück aus dem Obstsalat, es schmeckte süss und nach einem sanften Gewürz. Zwei Frauen begegnen sich auf einem Feldweg: Lissi, Mitte vierzig, bewirtschaftet allein einen Bauernhof. Die jugendliche Sally ist aus einer Klinik abgehauen und will einfach in Ruhe gelassen werden. Das Rad von Lissis Traktor sitzt in einer Rinne fest. «Kannst du eben mit anfassen»? Lissi stellt keine weiteren Fragen und bietet Sally ein Zimmer in ihrem Bauernhaus an. Aus einem Tag werden Wochen. Sally lernt den Gemüsegarten, die vielen alten Obstbäume, die Felder, den Wald, die Bienenstöcke, den Weinberg kennen. Sie taucht mit all ihren Sinnen in das Leben auf dem Hof ein. Der Geschmack der Birnen ist einzigartig, das Fühlen von Roggenschrot zwischen den Fingern belebt, der Duft von Brot ist köstlich. Lissi hat sich schon lange an all dies gewöhnt. Mit Sally beginnt sie, Verlorenes neu zu erkennen. Die zwei Frauen kommen ihren so unterschiedlichen Lebensgeschichten näher. Viel Leid, verursacht durch festgefahrene Strukturen und Erwartungen, wird allmählich sichtbar. Es ist schwierig, zurückzufinden in ein Leben, das uns genommen ist… Klar und ausdrucksstark, auch poetisch, beschreibt der Autor das Leben der beiden Protagonistinnen, ihre Vergangenheit, ihre gemeinsame Zeit auf dem Landgut, und er wagt am Ende einen Blick in die Zukunft. Dem Leser kommt es vor, wie wenn auch er ein Zimmer auf dem Bauernhof belege und am Tageswerk teilnähme, an der harten Arbeit, an den genussvollen Momenten, am Schicksal der beiden Frauen. Der Honigbus von Meredith May Buchtipp des Monats Juli 2021 Meredith ist erst fünf Jahre alt, als sie bemerkt, dass irgendetwas mit ihrer Familie passiert. Nichts ist mehr so wie es mal war. Nach einem Streit der Eltern, wird Meredith inmitten  der Nacht geweckt. Kurzerhand muss sie ihren Koffer packen, sich anziehen und sich von ihrem Vater verabschieden. Zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder fliegt sie zu den Eltern ihrer Mutter. Im Verlauf des Fluges verändert sich ihre Mutter und Meredith musste nicht nur ihren Vater zurücklassen, auch ihre Mutter blieb, so wie sie mal war, irgendwo zwischen den Wolken hängen. Von nun an war Meredith auf sich alleine gestellt. Ihre Mutter kommt kaum mehr aus dem Bett. Meredith und ihr Bruder werden von den Grosseltern aufgenommen. Doch ihre Grossmutter kümmert sich scheinbar mehr um ihre eigene Tochter als um die Enkelkinder. Wäre da nicht ihr Grossvater gewesen, ein exzentrischer Imker, der an der Kalifornischen Küste Bienen hielt, hätte Meredith ihre Kindheit wohl kaum überstanden. Der Grossvater nimmt seine Enkelin mit zu den Bienen und erzählt ihr von der faszinierenden Welt der Insekten und deren Bienenstockorganisation. Jedes Detail in einem Bienenstock dient der Allgemeinheit, der Familie. Meredith lernt, dass Familie auch anders sein kann, als ihre eigene. Sie lernt auch, dass es auf jedes einzelne Mitglied ankommt. Sie lernt, was für ihr weiteres Leben wichtig ist. Ihr Grossvater ist dabei ein stetiger, etwas wortkarger Begleiter. Aber genau seine Ruhe und die richtigen Worte zur rechten Zeit helfen Meredith, sich auf ein selbständiges Leben vorzubereiten.  In diesem Buch hören wir nicht nur die wahre Geschichte eines entwurzelten Kindes. Wir erfahren sehr viel über das Leben in einem Bienenstock, die verschiedenen Arbeiten der Bienen, die Honigproduktion und Imkerei aber auch über die Biene als Blütenbestäuber in der Natur. Es ist eine Geschichte über das Leben und die Weisheiten der Natur. Dieses Buch ist nicht nur in der Schul- und Gemeindebibliothek Ruswil zur Ausleihe erhältlich, sondern auch über Dibizentral als ebook ausleihbar. Zugvögel von Charlotte McConaghy Buchtipp des Monats August 2021 Franny Stone wird von ihrer irischen Mutter in einer australischen Kleinstadt geboren, wächst vaterlos auf und sie hat Wanderfüsse, es hält sie nirgends lange aus. Als junge Frau kämpft sie sich alleine durch, putzt, träumt von Federn und hat eine Leidenschaft für Vögel.  An der Universität lernt Franny Professor Niall Lynch kennen, sie verlieben sich ineinander und heiraten. Niall ist ein angesehener Biologe aus bestem Elternhaus, er leidet unermesslich am Menschsein, denn der Mensch hat die Tiere zum Aussterben gebracht. Franny ist in Grönland, vermisst Niall in jeder Stunde ihres Daseins, schreibt ihm Briefe. Sie ist überglücklich, denn sie hat es geschafft, drei Küstenseeschwalben mit einem Peilsender zu beringen. Durch besondere Umstände gelangt Franny an Bord der Saghani. Der Kapitän hat einen Deal mit Franny. Angesichts der leergefischten Meere, folgt die Saghani den Vögeln. Wenn er Fische fangen kann, bezahlt der Kapitän seine Crew und er wird seine Kinder wieder sehen. In diesem Debütroman von Charlotte McConaghy, wo die meisten wilden Tiere bereits ausgestorben sind, beschreibt die Autorin leider fast schon die Gegenwart. Was denn «Zugvögel» noch alles für seine Leserschaft bereithält, ist schlicht und ergreifend grandios. Eine unvergesslich starke Liebesgeschichte wäre da zu nennen, aber auch eine Schiffscrew, die man sofort vor Augen hat und die einen im Sturm erobert, viele Themen des Menschseins und eine exakte Beobachtungsgabe und Hingabe für alle Kreaturen steckt in dieser vielschichtigen Geschichte und noch so vieles mehr.  Dieses Buch hat mich mitgerissen und nicht mehr losgelassen. Wer nicht liest, ist selber schuld. Als die Sehnsucht uns Flügel verliehvon Hanni Münzer Buchtipp des Monats September 2021 1945. Endlich ist der Krieg beendet, doch der schlesischen Familie Sadler steht noch einiges bevor. Für die beiden Töchter Kathi und Franzi beginnt eine schwere Zeit, denn sie werden als Kriegsbeute der Russen nach Moskau gebracht, wo sie nicht gerade mit offenen Armen empfangen werden. Die jüngere Franzi wird von Kathi getrennt und in einem Heim untergebracht. Kathi hat immer noch die Hoffnung, dass der von ihr geliebte Nikolaj ihnen helfen wird. Aber dieser enttäuscht sie auf ganzer Linie. Die Russen spannen Mathematikgenie Kathi für ihre Zwecke ein, doch das dortige politische System ist hart und schon bald wird sie für eine Spionin gehalten… Hanni Münzer legt mit „Als die Sehnsucht uns Flügel verlieh“ die Fortsetzungsgeschichte um die Familie Sadler vor, die dem ersten Band (Heimat ist ein Sehnsuchtsort) an Emotionalität, Dramatik und Spannung in nichts nachsteht und sich diesmal mit dem Schicksal der beiden Töchter Kathi und Franzi beschäftigt. Mit flüssigem und bildgewaltigem Erzählstil führt die Autorin den Leser in die Vergangenheit, wo dieser sich über den Zeitraum von 1945 bis 1963 an Kathis Fersen heftet und mit ihr eine wahre Achterbahn der Gefühle erlebt. Mit akribischer Recherche und aus unterschiedlichen Perspektiven gibt Münzer dem Leser einen guten Einblick in die damalige Sowjetunion. Die Charaktere wurden liebevoll und glaubhaft weiterentwickelt, versprühen Authentizität und Lebendigkeit. Sie erobern mit ihren realistischen Ecken und Kanten das Leserherz im Sturm. Kathi besitzt nicht nur ein Talent für Mathematik und hat hochfliegende Träume, sie ist auch eine fürsorgliche Schwester, offen und ehrlich. Ihr Mut und ihr energischer Kampf flößen einem Respekt ein. Franzi ist gesundheitlich angeschlagen, aber ihr liebevolles und warmherziges Wesen beflügelt ihr Umfeld.  Mit „Als die Sehnsucht uns Flügel verlieh“ hat Hanni Münzer eine faszinierende Fortsetzung geschaffen, die den Leser erneut in den Bann zieht und ihn in die Vergangenheit versetzt, um Geschichte leibhaftig mitzuerleben. Wunderbar fesselnd und spannend in Seiten verpackt, dass man sich gar nicht mehr davon trennen mag. Das Buch Ana von Sue Monk Kidd Buchtipp des Monats Oktober 2021 Und wenn Jesus von Nazareth doch eine Gefährtin gehabt hätte und verheiratet gewesen wäre? Dieser Gedanke liess die Autorin Sue Monk Kidd nicht mehr los, und sie schrieb den historischen Roman Das Buch Ana. Er beginnt im Jahr 16 im römisch besetzten Galiläa. Ana wächst in einer wohlhabenden, jüdischen Familie auf. Sie lernt lesen und schreiben, was eine Ausnahme für Mädchen in der damaligen Zeit war. Heimlich beginnt sie, die Geschichten der vergessenen Frauen der Heiligen Schrift aufzuschreiben. Sie wehrt sich gegen die vom Vater vereinbarte Heirat mit einem alten Witwer. Die Begegnung mit einem jungen Mann, Jesus, sollte ihr behütetes, bewachtes Leben völlig ändern… Die Autorin hat viel und genau über den historischen Jesus und über das Palästina des ersten Jahrhunderts recherchiert und ihre Erkenntnisse in den Roman einfliessen lassen. Es ist nicht Jesus als Sohn Gottes sondern Jesus als Mensch, dem die Autorin ein Gesicht gibt. Im Erleben von Ana wird sein Charakter, seine Haltung und sein Weltbild immer deutlicher. Zentral aber ist die Geschichte von Ana selbst, dieser klugen und mutigen Frau. Über alle Hindernisse, Entbehrungen, Verletzungen und Notlagen hinweg folgt sie ihrer Bestimmung, den vergessenen Frauen eine Stimme zu geben, die die Zeit überdauern soll. Mit Anas Leben sind auch das Leben ihres Bruders, die Geschichte ihrer Tante, das Schicksal ihrer Freundin, das Handeln ihres Dieners Lavi verflochten. Wäre die westliche Welt eine andere, wenn Jesus verheiratet und seine Frau Teil der Geschichte geworden wäre? Es ist einen Versuch wert, sich auf dieses Gedankenspiel einzulassen. Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte von Jonas Jonasson Buchtipp des Monats November 2021 So lang wie der Buchtitel, so vielschichtig ist dieses Buch. Da ist zum einen der geldgierige und sehr nationalistische schwedische Galerist, der für seine Ideale und für Geld über Leichen geht. Dem gegenüber steht ein Massai aus der tiefsten Provinz Afrikas ohne Ahnung über Geld und Werte und ahnungsloser Besitzer eines millionenschweren Gemäldes der bekannten Künstlerin Irma Stern.  Dazwischen die um Hab und Gut betrogene Exfrau des Galeristen und der Sohn des Galeristen, den er als Halbweise zwar nie öffentlich anerkannt aber immerhin mit einer Wohnung, Schulgeld und wöchentlichen Pizzas versorgt hat. Mit dem 18. Geburtstag musste dieser Sohn beseitigt werden, so dass er ihn im tiefsten Afrika den Löwen aussetzte. Dort fiel er buchstäblich dem Massai vor die Füsse, der den jungen Mann nach 4 Töchtern als den Sohn, den der afrikanische Gott ihm geschenkt hat, aufnahm und zum Massai ausbildete.  Doch der Zufall will es, dass der junge Mann mit dem wertvollen Bild seines neuen Vaters wieder in Schweden landet und der Ex-Ehefrau begegnet. Die beiden tun sich zusammen und beginnen mit Racheplänen gegen den Galleristen. Da kommt ihnen die neu gegründete Firma «Rache ist süss, GmbH» und deren geistiges Genie gerade recht. Gemeinsam brüten sie einen Plan aus, der mit dem Auftauchen des Massai-Vaters erst recht Fahrt aufnimmt und sich in einem Tempo in eine Richtung entwickelt, bei der es allen fast schwindlig wird.  Ein wunderbar verrückter, humorvoller und unterhaltsamer Roman, ganz in der Manier von Jonas Johanson! Dieses Buch ist nicht nur in der Schul- und Gemeindebibliothek Ruswil zur Ausleihe erhältlich, sondern auch auf unserer Onlinebibliothek Dibizentral als ebook und Hörbuch ausleihbar. Über Menschen von Juli Zeh Buchtipp des Monats Dezember 2021 Schon der Titel zeigt, in welche Richtung es geht. Sie geht mit diesem Buch aufs Land, ins fiktive Dorf Bracken. Bracken hat einen hohen Prozentsatz von Afd-Wählern, Alltagsrassisten und Dorf-Nazis. All dies bekommt die Werbetexterin Dora schon bald nach ihrem Umzug von Berlin zu spüren, nachdem Dora vor ihrem Freund auf Land geflohen ist. Weitermachen, nicht nachdenken wird zu Doras Mantra. Die Gewissheiten bröckeln und Corona hat die Welt fest im Griff. Der Alltag mit der Pandemie und wie sie die Menschen und ihre Beziehungen untereinander verändert, spielt eine grosse Rolle in diesem Buch. Vielleicht ist das der erste, echte Corona-Roman. Wann ist eigentlich alles so durcheinandergeraten, fragt sich Dora, als sie das schwule Paar kennenlernt, der eine ein Afd-Wähler, der andere ein linker Kabarettist. Und dann ist da noch Gote, ihr direkter Nachbar nebenan, der Dorf-Nazi. Aber es ist Gote, der Dora Möbel schenkt, Hilfe für ihren Garten organisiert und ist auch noch der liebende Vater einer kleinen Tochter. Es ist kein einfacher Roman. Juli Zeh macht es seinen Lesern nicht einfach. «Über Menschen» stellt sich dabei weder über die Dinge, noch über die Menschen. Sie beobachtet sehr genau und bringt die Dinge auf den Punkt. Ein wunderbarer Satz im Buch, «Es geht nicht darum Wiedersprüche aufzulösen, sondern sie auszuhalten». Ein Roman, der in keine Schublade passt. Eine empfehlenswerte und inspirierende Lektüre. Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2021 Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2020 Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2022 Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2023